Zu kurz gedacht
Nach etwa 35 Metern kommt ein modernes Auto aus Tempo 100 zum Stillstand. Mit dieser Faustformel arbeiten viele Fahrzeughersteller. „Doch das ist gefährlich und zu kurz gedacht“, warnt Marcellus Kaup von TÜV SÜD, „denn welche Strecke ein Auto tatsächlich benötigt, um zum Stehen zu kommen, hängt wesentlich von der Reaktionsfähigkeit des Fahrers ab.“ In der Regel liegt die Reaktionszeit bei einer Sekunde. Bremsweg plus Reaktionszeit addieren sich so zum Anhalteweg und nur wer diesen Wert im Augenmerk behält, fährt vorausschauend und mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen.
Das Problem – der Bremsweg steigt nicht linear mit der Geschwindigkeit, sondern nimmt quadratisch mit der Geschwindigkeit zu. Als Faustformel gilt, Geschwindigkeit geteilt durch zehn mal drei: Das ist der Reaktionsweg. Geschwindigkeit durch zehn mal Geschwindigkeit durch zehn, das ist der Bremsweg. Beides wird addiert. „So ergibt sich beispielsweise bei Tempo 50 ein Anhalteweg vom 40 Metern“, rechnet der TÜV SÜD-Fachmann vor: „Aber diese Kalkulation stimmt nur bei idealen Bedingungen.“
Wenn beispielsweise nasses Laub, Schnee oder Eis die Fahrbahn bedecken oder es regnet, verlängert sich die Fahrt erheblich. Der Anhalteweg nimmt ebenfalls deutlich zu, wenn zum Beispiel die Reifen des Autos ein ungenügendes Profil aufweisen oder die Bremsen oder Stoßdämpfer nicht optimal funktionieren. „Andererseits, Müdigkeit, Telefonieren, Drogen wie Alkohol und viele Medikamente erhöhen die Reaktionszeit des Fahrers erheblich und letztlich somit den Anhalteweg“, ergänzt Kaup.